Bilanz der Menschlichkeit 2018
Menschen machen den Unterschied, die in einem Flüchtlingscamp in Bangladesch helfen, ihre Stammzellen spenden, als Sozialbegleiterinnen Hilfe zur Selbsthilfe geben oder im Suchdienst anderen helfen, ihre Liebsten wiederzufinden.
Menschlichkeit bringt allen was. Das ist unsere Bilanz.
Mitarbeiter_innen
Mehr als 13 Millionen Freiwillige weltweitWir sind das Rote Kreuz
Mit „wir“ meine ich nicht nur die 8.613 hauptberuflichen Mitarbeiter_innen oder die 4.341 Zivildienstleistenden, die wertvolle Arbeit für eine solidarische Gesellschaft verrichten, sondern besonders die 71.952 Freiwilligen. Sie sorgen jeden Tag dafür, dass es Menschen besser geht.
Wir alle sind das Rote Kreuz.
Ein neues Netz der Sicherheit
Ein neues Netz der SicherheitMax Zösmayr ist im Team Österreich jederzeit zum Einsatz bereit – das Internet und sein Smartphone machen es möglich. Menschen wie er helfen gemeinsam mit dem Roten Kreuz, Österreich mit Innovationen noch sicherer zu machen.
Aber nicht nur Fachleute wie er – jeder kann sich als Lebensretter_in registrieren lassen, sofern der letzte 16-stündige Erste-Hilfe-Kurs oder eine Auffrischung nicht länger als zwei Jahre her ist. Um eine Herzdruckmassage zu leisten, muss man nicht Mediziner sein: Es ist einfach und man kann nichts falsch machen.
Um 12 Uhr 16 ist Max am Einsatzort, noch vor der Rettung. Ein Mann Anfang 60 liegt vor einem Lokal auf dem Gehsteig. Der Notarzt ist schon da. „Hallo“, sagt Max. „Ich kann helfen.“ Die Kollegen sind kurz überrascht und froh, dass er Hilfe anbietet. Sie wechseln sich beim Anwenden der lebensrettenden Sofortmaßnahmen ab. Max hält die Atemwege des Mannes frei. Passant_innen helfen mit Decken, den Patienten vor neugierigen Blicken zu schützen.
Wer mitmachen will, registriert sich vorher mit seiner E-Mail-Adresse und Handynummer beim Team Österreich. Die Registrierung ist im Web oder über die Team Österreich App möglich. Über diese können User auch mit dem Smartphone helfen: Indem man zum Beispiel Infos sammelt, die für Einsatzkräfte wichtig sind. Bei Unwettern oder Katastrophen liefert die App schnelle und verlässliche Informationen zu definierten Orten. Eine dritte Funktion sind Tipps, die auf Notlagen vorbereiten - damit man für einen Stromausfall vorgesorgt hat.
Max denkt derweil an das Hier und Jetzt. Am Ende seines Einsatzes atmet der Patient wieder selbständig. Dank des Engagements aller Beteiligten hat er überlebt. Oft kommt Max als Sanitäter zu Einsatzorten, an denen Laien bereits jemanden reanimieren. „Die meisten sehen es sehr positiv, dass sie einmal wirklich helfen und ihr Wissen aus Erste- Hilfe-Kursen anwenden konnten.“ Den Sonntag lässt Max ruhig ausklingen. Es ist schon Abend geworden, als er dann doch noch zu seinem Spaziergang kommt. Dafür hat er einem Menschen das Leben gerettet.
Stammzellenspende
Wir spenden LebenAls Werner Kristufek die Diagnose Blutkrebs erhielt, brach seine Welt zusammen. Dass er überlebte, bedurfte einer ordentlichen Portion Glück. Und des Einsatzes eines Unbekannten, der ihm später zum Freund werden sollte.
Der Empfänger
Ein Bild aus dieser Zeit hat Werner bis heute vor Augen:
„Ich liege im Krankenhausbett und blase zwei
Kerzen aus. Das war am 22. März 2013. Da hab ich
meine neuen Stammzellen bekommen. Das war mein
zweiter Geburtstag.“
Der Spender
„Ich habe das Gefühl, Thomas steht mir näher als viele andere. Daher möchte ich meinen zweiten Geburtstag auch in Zukunft mit ihm feiern“, sagt Werner Kristufek und ruft zur Registrierung als Stammzellpender_in auf: „Die Registrierung mittels Wangenabstrich ist simpel und geht schnell. Stammzellen zu spenden kostet so wenig und bringt so viel.“
www.roteskreuz.at/stammzellen
Sozialbegleiterin
Die Begleiterin für alle FälleIrmgard Rossoll unterstützt als freiwillige Sozialbegleiterin Menschen, die sich in einer schwierigen sozialen Lage befinden und alleine damit überfordert sind. Ihr erster Klient schaffte schon nach einem Monat den Start zurück ins Leben. In Zukunft soll es beim Roten Kreuz noch mehr Sozialbegleiter_innen geben.
Seit 2015 gibt es die freiwilligen Sozialbegleiter_innen beim Roten Kreuz. Auch mit Hilfe von Sponsoren wie Land Rover wurde das Projekt auf sechs Bundesländer ausgeweitet. In Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol, Steiermark und Kärnten sind 388 Freiwillige für Menschen da, die in ihrem Leben vor Problemen stehen. Ziel ist es, ihnen mit regelmäßigen Treffen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, Kontakte zu Hilfsangeboten zu vermitteln oder sie bei Behördengängen zu begleiten.
Inhaltlich geht es in mehr als 90 Prozent der Fälle um Probleme mit Finanzen und der Lebenssituation, etwa 15 Prozent haben mit der Familie zu tun, der Rest betrifft Probleme am Arbeitsplatz, psychische Beschwerden und die Pflege von Angehörigen. Steigenden Betreuungsbedarf gibt es unter Asylwerbern, in der Schuldnerberatung und bei Fragen zur Mindestsicherung.
Was eine gute Sozialbegleiterin ausmacht? „Man muss die Menschen mögen“, sagt Rossoll. „Und jeden so nehmen, wie er ist. Viel reden, viel zuhören. Und dem Gegenüber das Gefühl geben, dass man einander auf Augenhöhe begegnet.“ Klingt einfach. Für viele Menschen wird sich das dennoch wie eine große Herausforderung anhören.
Der Mann war überzeugt davon, bald eine Arbeit finden zu können. Wie es ihm heute geht? „Ich gehe davon aus, dass er es geschafft hat“, sagt Rossoll. „Ich habe ihm angeboten, dass er sich bei Problemen jederzeit wieder an das Rote Kreuz wenden kann. Bis heute hab ich nichts von ihm gehört.“
Sommercamps
Sommer, Spaß und SorgenfreiheitTrici weiß, was das Besondere an den Sommercamps des Jugendrotkreuzes ist. Immerhin ist sie dabei, seit sie elf Jahre alt ist. Früher als Teilnehmerin - jetzt als Campleiterin.
Die Jetons sind Zuckerln, die bunten Drinks, die man gegen gewonnene Zuckerln eintauschen kann, sind Fruchtsaft und das „Casino“ ist der festlich dekorierte Aufenthaltsraum des Rotkreuz-Hauses „Debeli Rtič“ in Ankaran in Slowenien.
25 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 14
Jahren sind zu Gast. Sie verbringen gemeinsam mit
Freundinnen und Freunden zwei Wochen am Meer mit
Spielen, Schwimmen und Ausflügen. Zwei unbeschwerte
Wochen, die so anders für sie sind als der Rest des
Jahres, denn jede und jeder von ihnen hat einen schwer
kranken Elternteil. Viele müssen bei der Pflege mithelfen
oder Geschwister betreuen und alle leben mit der
täglichen Sorge.
Die Campleiterin heißt Beatrice Gschanes, oder Trici, wie sie lieber genannt wird. Die 33-Jährige erzählt, dass es oft Gespräche am Abend sind, bei denen die Kids sich öffnen und ihre Sorgen mit ihr oder anderen Kindern teilen – ganz ohne Druck und dann, wenn es für sie passt. „Natürlich ist auch für psychologische Betreuung gesorgt“, erzählt Trici, „aber meist sind die Gespräche unter den Kids oder mit einer Bezugsperson am hilfreichsten. Das Gefühl, dass sie einfach mal sie selbst sein dürfen und nicht ‚anders‘ sind, ist das Geheimrezept all unserer Sommercamps – und wahrscheinlich der Grund, warum die meisten im nächsten Sommer wiederkommen.“
Mehr als 40.000 Kinder und Jugendliche gibt es inÖsterreich, die sich um ein krankes Familienmitglied kümmern: Eltern, Geschwister oder Großeltern, die an einer chronischen körperlichen oder psychischen Krankheit leiden und auf Unterstützung und Betreuung angewiesen sind. Die Kinder werden von Beratungsstellen, Lehrer_innen oder Krankenhäusern an die Sommercamps vermittelt, die durch die Unterstützung von Sponsoren, Krankenkassen oder durch Spenden für alle leistbar sind.
„In der Schule wurde das damals noch nicht so gelebt, aber in den Sommerferien standen Spaß und Gemeinschaft im Vordergrund, und nicht was wer kann oder nicht kann. Das hat mit sehr gefallen und meine Berufswahl beeinflusst. Ich war erst Hilfsbetreuerin und dann Betreuerin in den Sommercamps und habe diese Liebe zur Arbeit mit Kindern auch zum Beruf gemacht.“
Trici ist mittlerweile Volksschullehrerin mit Sonderschulausbildung. Aber die Sommercamps sind für sie immer noch ein Fixtermin. Genauso wie Samstagnacht. Da macht sie regelmäßig Dienst als freiwillige Sanitäterin und Einsatzfahrerin.
„Die Arbeit mit Kindern, die in einem schwierigen Umfeld aufwachsen, ist anstrengend aber auch befriedigend.
Es ist ein geniales Gefühl, wenn Kinder mir über wichtige Schritte in ihrem Leben Nachrichten schicken. Wenn sie auch noch mitfahren möchten, nachdem ein Elternteil verstorben ist. Wenn Jugendliche, die schon längst zu alt für das ‚Juniorcamp‘ sind uns alle Jahre wieder beim Zwischenstopp in Kärnten auf der Raststation treffen, damit der Kontakt nicht abreißt. Und wenn Jahr für Jahr neue Kinder in diese Gruppe aufgenommen werden, sich öffnen und uns ihr Vertrauen schenken können. Wenn ich spüre, dass die Kinder ganz gelöst und unbeschwert sein können - das entschädigt mich für alle Anstrengung.“